Die Milchfabrik und andere
intrazelluläre Fabriken
oder: die Ausbeutung der Natur durch den Menschen
Ein Grundgedanke der Philosophie lebender Systeme in humoristischer Form
von Rudi Zimmerman
Als Kleinkind hatte ich die Theorie, dass Milch – ähnlich wie Brause – in einer Milchfabrik hergestellt wird. Als meine Eltern mir dann etwa im Einschulungsalter anlässlich einer Urlaubsreise Kühe zeigten und mir erklärten, dass die Milch aus dem Euter der Kühe kommt, trank ich keine Milch mehr. Da Milch so ein schönes Getränk war, hielt ich diesen Milch-Streik nicht lange durch. Irgendwann erfuhr ich, dass die Kühe das Grundprodukt liefern und deren Milch in einer Fabrik irgendwie industriell behandelt und abgefüllt wird. Heute, nach über 50 Jahren, habe ich endlich die Wirklichkeit richtig erkannt und weiß jetzt, dass ich als Kleinkind recht hatte:
die Milch wird in Fabriken hergestellt. Diese Fabriken befinden sich jedoch in den Milchdrüsenzellen der Kühe.
Die Milchfabriken sind also viel kleiner als ursprünglich gedacht und passen in eine lebende Zelle. Meine kindliche Vorstellung, dass die Fabriken so groß sind, dass darin viele arbeitende Menschen hineinpassen, war lediglich hinsichtlich der Größenvorstellung einseitig. Es gibt nämlich nicht nur die großen, von Menschen gebauten Fabriken, sondern auch die kleinen natürlichen Fabriken.
Und so ist es mit vielen Produkten, die wird komsumieren, weil wir sie für die Erhaltung unseres Lebens benötigen:
die chlorophyllhaltige Zelle einer Pflanze ist eine Zucker- und Sauerstofffabrik, die Fleischfabrik befindet sich in den Muskelzellen der Tiere, das Huhn ist eine Eierfabrik.
Die Menschen beuten allerdings die natürlichen Fabriken für ihre Zwecke aus, indem sie die Produkte dieser natürlichen Fabriken als ihr Eigentum definieren und damit Geschäfte machen.
Rudi Zimmerman |